miesbach, 06.dez. 2023

schneechaos zum dezemberanfang. der öffentliche verkehr in münchen, augsburg und andern städten im süden ist für tage stillgelegt: es fahren keine trams, keine busse, keine züge mehr. der winter setzt hart ein in diesem jahr: winter kept us warm! das klingt seit einigen wochen wie ein ohrwurm in meinen ohren. eine poetische endlosschleife. t.s.eliot, the waste land- ich habe die spur, nachdem ich mit den sillabario fertig war, wieder aufgenommen. anders als vor zwei jahren, als ich die übermalungen mit sahoines gräsern gemacht hatte. diesmal anders, aber doch wieder mit übermalungen und überschreibungen. diesmal auch der versuch, tiefer einzutauchen in einige der vielen textebenen des gedichts: dante, parzifal, tristan und isolde, die figur des fischerkönigs, baudelaire, verlaine, buddhas feuerrede. nicht nur um das "öde land" besser, tiefer zu verstehen. seltsamerweise haben die stellen, an denen eliot in einem rasanten wechsel von dante zu wagners tristan und isolde zu verlaine springt, den größten reiz, auch wenn ich zitate oder bezüge nicht immer verstehe, auch nach intensiven quellenstudien nicht. wahrscheinlich ist das auch gar nicht nötig oder sogar hilfreich.

auf der anderen seite lässt mich das gedicht, das mir oft so magisch vorkommt, an anderen stellen und über ganze kapitel hinweg, kalt. etwa das 2. kapitel, oder die szenen, in denen eliot mit joyce zu wetteifern scheint, wenn er in spelunken oder bordelle hinabsteigt und dem sonst so auf gelehrsamen tiefgang bedachten unternehmen  die stimmen der moderne, großstadtlärm, schwüle erotik, die gesichtslose masse der angestellten ... verleiht. vielleicht musste er das , um ernst genommen zu werden, war das notwendig als kontrapunkt zu dem literarischen und kulturellen eisberg, den er um das öde land eingefroren hatte.

 

 



augsburg, 02.nov. 2023

die fotocommunity erweist mir heute wieder einmal die ehre eines startseitenbildes. eine zweifelhafte ehre, wenn man bedenkt, welch belanglose bilder, kitsch und offener mist an dieser stelle oft erscheint. vor kurzem erst sah ich zufällig ein landschaftsbild, das wohl "romantisch" sein wollte: eine bergwiese mit blümchen- das alles in einem leichten nebel. der autor verwies extra darauf, dass er sich die blümchen bei der KI geholt hatte. ein furchtbares machwerk und ich fragte mich, was sich diejenigen, die es als stundenfoto ausgewählt hatten, wohl gedacht haben mochten.

aber zurück zu sillabario, und wie es also nicht nur den weg ins museum, sondern auch den auf die startseite der fc geschafft hat.

ich nehme die ehre, wenn auch zweifelhaft, dennoch an. umso mehr, als es  auf der seite der franz. fotocommunity erscheint. umso mehr, als die paar sillabario-bilder, die ich in der fc dazu veröffentlich habe, eher zu den großen erfolglosen bildern gehören, was die clicks und die likes angeht (was ich allerdings auch nicht anders erwartet habe). wiedergutmachung also- das ist sehr nett! vielen dank liebe fotocommunity.

 



augsburg, 27.okt. 2023

viele zeichen die letzten wochen, viele straßenbilder, sillabario II. intensive arbeit mit dem neuen grafik-tablett. neue möglichkeiten, techniken, spielräume. aus den ursprünglichen neuen straßenzeichen im sand sind dann ganz neue kompositionen geworden. im unterschied zu früher- aber auch damals habe ich sie übermalt- glaube  ich jetzt, dass man, um die schönheit dieser zeichnungen zur geltung zu bringen, sie neu inszenieren muss. ihnen also  einen adäquaten raum/hintergrund verleihen, eine bühne, auf der sie, einmal aus dem kontext der straße befreit, frei agieren können. manchmal braucht es nur wenig: eine rostwand, ein sandbild, ein verblasstes graffito oder ähnliches. manchmal mehr: z.b. eine überarbeitete und etwas verfremdete malerei von ernst wilhelm nay, oder eine schalttafel aus der zeche zollverein.

vor ein paar tagen mit mcm nochmal bei den straßenzeichen auf der kleinen straße von stürzelham nach neukirchen. die "malereien" und zeichnungen sind einfach immmer wieder umwerfend. wir schreiten die zeichen ab, fotografieren, staunen immer wieder von neuem. wie in der höhle von lascaux. oder in einer großen ausstellung in der pinakothek. zwei stunden shooting, begeisterung, große bilder. ein tolles shooting.

das sich dann, als wir die bilder sichten und ein paar davon auswählen und gemeinsam bearbeiten,  zu einem großen landgang ausweitet. also ein richtiges abenteuer wie die entdeckung neuer bilder, weil wir ausnahmsweise die bilder zusammen bearbeiten. was erstaunlich problemlos und  harmonisch von statten geht. ein bisschen, als ob wir zu zweit komponierten oder 4-händig klavier spielten.

 



amrum, 24.sept. 2023

in der andern bucht diesmal. rückkehr auf die insel, auf der ich als kind war, und zuletzt vor 15 jahren. zurück im dünensand. es ist diese unglaubliche schönheit der dünen, des windes im dünengras, die große weite und leere am strand, unglaublich weiter strand, unglaublich viel wind, unglaubliche bilder, die der wind in den sand schreibt.

versuche, die leere zu fotografieren, nur sand, nur dünengras. endlose bilder. eine grenze nur der wind, der den sand in die augen und auf die objektive treibt.

es gibt maler, die nur den himmel malen- ich würde am liebsten nur sand- und strandbilder machen.

(aber daneben auch noch die straßenzeichen, die ich ein paar tage vor amrum gemacht habe. weiter im großen sillabario, in der großen lesefibel. ich nehme mir vor, eines tages, wenn ich genügend material habe, die grammatik dieser zeichen zu lernen).

 

jetzt, nach amrum und hunderten von sandbildern, die versuchung, die beiden sujets zusammenzuführen.

 

 



miesbach/bad reichenhall, 22 aug. 2023

foto-tour mit angelika in bad reichenhall. wunderbarer sommertag, der wetterbereicht sagt über 30 grad voraus. vor ort sind wir die meiste zeit im schatten, lässt es sich gut aushalten, am ende zur abkühlung in der großen saline im kurpark.

wir reden darüber, dass es immer schwieriger wird, fotografische "entdeckungen" zu machen, dass die unbeschwertheit, mit der wir früher unterwegs waren, etwas verloren gegangen ist. dass es zunehmend schwieriger wird, neue und spannende fotos zu machen. ja.
auf der anderen seite: die wiederholung, die lust am flanieren, und- wie schon bei unserer letzten tour: wir schauen, was wir finden. und wir finden bald dies und das. interessante formationen, mauerbilder, sujets, die einen "anspringen", weil sie vielleicht grafisch oder farblich reizvoll erscheinen. obwohl diese sujets ihre tücke oft erst beim zweiten blick zeigen, fotografisch schwierig unzusetzen sind.

aber wir sind hartnäckg, arbeiten uns ab, eigentlich- so weit sind wir inzwischen- ist das foto am ende nicht das wichtigste. wir skizzen, machen versuchsbilder, schärfen den blick, den sinn für proportionen, harmonien, kontrapunkte... das ganze programm.

damit wird es dann doch wieder spannend, weil der focus nicht mehr so sehr auf den paar vorzeigebildern liegt, sondern an dem prozess der annäherung, formfindung, gestaltung eines sujets.

(die quadratischen formate sind wie immer von angelika).

 



miesbach, 20.aug. 2023,

gestern eine neue serie begonnen, die an die übermalungen zu t.s.eliot, p.celan und i.bachmann anschließt. also text und bild; wobei der text so weit reduziert wird, dass nur mehr spuren übrig bleiben und die text- und wortreste bildhaften charakter annehmen.

ich nenne sie "spuren im sand".

die arbeit hat mich- abgesehen vom ergebnis- auch deshalb befriedigt, weil ich zwei bilder zusammenbringen und verarbeiten konnte, die mir wichtig waren, die jedoch alleine- glaube ich- nicht bestehen konnten. die skulptur von olu oguibe, die ich erst vor kurzem auf unserer ruhr-tour in bochum entdeckt habe, ihr text vor allem, war zu schön, um sie im archiv liegen zu lassen.

und schließlich hat sich mir auch eine neue möglichkeit gezeigt, wie ich texte verarbeiten und sie dann so weit reduzieren kann, dass sie sich ins bild integrieren. ein hoffnungsvoller anfang füre eine neue serie.

 

der ganze text lautet:

CALLING ON THE YOUTH OF ALL NATIONS. AND ON ALL WHOM HISTORY AND CIRCUMSTANCE HAVE BROUGHT HERE. THAT YOU MAY LEARN TO LIVE TOGETHER AS ONE HUMAN FAMILY. SECURE AND IN HARMONY. WITH UNDERSTANDING. RESPECTING AND CARING FOR ONE ANOTHER AND FOR THE PLANET WHICH NATURE HAS ENTRUSTED TO US. FOR YOU HAVE THE POWER TO CHANGE THE WORLD AND. PUTTING CURIOSITY ABOVE MISTRUST AND DISCORD. CREATE A BETTER FUTURE FOR ALL HUMANITY

 

a better future

radierung unter verwendung des

"Appeal to the Youth of All Nations",

einer installation von olu oguibe auf dem gelände der jahrhunderthalle in bochum-

anlässlich der ruhrtriennale 2018

 

 

 



essen, ruhrkampagne II, 03.aug. 2023

bauhausformen. rechteck und diagonale.



essen, ruhrkampagne I, 03.aug. 2023

foto-tour mit mcm im ruhrgebiet. unser programm ambitioniert: industriekultur, industrielandschaften, industriestadt-/straßenbilder usw. 

der wetterbericht reduziert das auf einige museumsbesuche, die zeche zollverein in essen und eine stipvisite nach bochum zur jahrhunderthalle und ins bermudadreieck wg. currywurst.

natürlich ist das ruhrgebiet, das, was wir in ein paar tagen zu sehen bekommen, ganz anders als in unserer vorstellung.  viel grün zwischen und in den städten. auch in den industriebrachen: zollverein in essen und jahrhunderthalle in bochum. beides jetzt weitläufige parks, grüne oasen, die reste der ehemaligen industriemoloche jetzt  architektonische wunderwerke, publikumsmagneten.

zollverein ist vielleicht ein ausnahmefall, weil dort stahlformen und backsteinfassaden in bauhaus-ästhetik: sehr klar und aufgeräumt: das alles ist sehr schön anzuschauen und man sieht und riecht nicht mehr den dreck, die hitze, die mühsal und die not der arbeiter unter tage, im stahlwerk und in den kokereien. Ich denke oft an walter benjamins diktum, wonach "niemals ein dokument der kultur [ist], ohne zugleich ein solches der barbarei zu sein." nirgendwo scheint mir das deutlicher als hier in diesen zu kulturgütern gewandelten menschenfressern.

 

aber zurück in die gegenwart. walter benjamins engel der geschichte ist inzwischen entschwebt- es gibt andere hot spots der geschichte.

zeche zollverein ist schön. schön die klassischen proportionen der backsteinfassaden, schön die diagonalen der förderbänder im dialog mit den mächtigen stahlträgern, schön die gigantomanie, die durch den backstein auf menschenmaß reduziert und erträglich wird. und schön auch, dass das ganze erhalten wurde und verschiedenen funktionen und zwecken dient: z.b.musik, tanz, design, und als museum. und schön schließlich auch die riesige parkanlage, durch die man auch auf gitterrostpfaden zwischen den einzelnen arealen wandeln kann.



münchen, 09.juli 2023

shooting mit mcm im zob, einem ort, den ich vor kurzem bei einer foto-tour besichtigt hatte, nachdem ch. mich vor einiger zeit, als wir mit der bahn daran vorbeifuhren, auf ihn aufmerksam gemacht hatte. eine diskrete, aber bestimmte annäherung also. die besichtigung neulich war am nachmittag, aber ich dachte, man müsste sich diesem ort bei nacht nähern, um die besondere atmosphäre zu sehen.

obwohl es von den lichtverhältnissen keinen großen unterschied macht, kann man in den letzten nachtstunden eine ganz andere aura "sehen" als bei tag. wahrscheinlich ist es diese ungeheure starke elektrische aufladung von bahnhöfen, flughäfen, schiffsterminals und anderen sehnsuchtsorten-, diese spannung aus der erwartung des ankommens an einem fremden ort wie auch der des aufbrechens, die die faszination solcher orte ausmacht. eine spannung, die man als fotograf gerne "sehen", einfangen, inszenieren würde. und die in den nachtstunden, wenn das getriebe der stadt noch ruht, viel stärker zu vernehmen ist.

und neben- oder zu dieser aura der erwartung kommt die sakrale atmosphäre der location. architektonisch ist sie mit ganz wenigen mitteln mehr angedeutet als inszeniert: die betonsäulen mit kapitellen, die zur seite fließenden gehsteige für die busse, die aussehen wie die bänke eines kirchenschiffs, die spärliche beleuchtung- das alles verdichtet sich zu einer greifbaren und fast mystischen erfahrung. vor allem in den stunden vor tagesanbruch, wenn die hektik des tages noch ruht und wenn die wenigen busse und wartenden oder ankommenden reisenden eher wie spärliche pilger erscheinen.

und es fehlt hier völlig, wie z.b. nur ein paar hundert meter entfernt in der großen bahnhofshalle oder an den terminals der flughäfen das urbane flair: die großen infotafeln, die check-ins, die schaufenster mit luxuriösen produkten, werbung, imbissläden, die großen schilder zu den gleisen und den gates, der strom der reisenden.

aber es sind ja auch nicht die betuchten, die mit flixbus oder anderen billgbussen reisen. und so hat dieser zob mit seinen bussen, die aus montenegro kommen und nach paris weiterfahren, oder aus bukarest nach berlin, mit diesen bussen, die ihre jugendlichen, studentischen, migrantischen oder mini-jobber fahrgäste hier auswerfen und wieder aufnehmen, mit dieser  geruchsmischung aus abgestandenem schweiß, sandwiches und verbrauchter luft eher die anmutung eines franziskanischen sakralbaus als den einer erhabenen kathedrale.

 



augsburg, 10.juni 2023

jakober-vorstadt.  kleiner ausflug mit kamera. aber eigentlich wider besseres wissen. was es dort zu sehen gibt, ist nichts für mich. ich bin kein snob, aber ich habe auch keine ader für lost places. obwohl: lost ist dieses viertel nicht, da wohnen menschen, da wird gelebt, geliebt, gestritten, konsumiert und gestorben. und es gibt viel prekärere viertel, auch in augsburg, der hauptstadt der migration: oberhausen- ulmerstraße z.b.

und trotzdem: nur wenige meter nach den architektonischen preziosen (rathaus, stadtmetzg) beginnt der bazar der trostlosigkeit. ein laden nach dem andern: nippes, telefon/internet, massage,  kebap, zigaretten/getränke (in einem schaufenster gab es nur ein paar vergilbte sixpacks: cola, red-bull, aldi bier) oder was auch immer: alles sieht so heruntergekommen, verschmiert, verdreckt und verpisst aus.

 

ein paar bilder nur am rand, ein paar meter abseits der trostlosigkeit.



rosenheim, 1.mai 2023

foto-tour mit angelika in rosenheim. der wettergott scheint uns diesmal gewogen, großes regenfenster mit zeitweise sonnenlicht. freies flanieren diesmal. "schaun wir , was wir finden" sagt angelika. wie recht sie hat. und schön gesagt dazu: wir schauen, was wir finden. oder umgekehrt: wir finden (nur), wenn wir schauen, also die augen auf machen, offen sind für die "vögel des zufalls" (m.kundera). leider finde ich in letzter zeit immer weniger, wenn ich alleine flaniere.

offen gesagt hätte ich auch auf dieser tour (alleine) wenig gefunden. aber dann ist es halt doch der andere, der stehenbleibt, sich vertieft in einen anblick- und ich frage mich, was sie da sieht. bis es klick macht, ich die kamera nehme, probiere und plötzlich feststelle: klar, genau das, dass ich das vorher nicht gesehen habe...

am ende, als wir uns die bilder im cafe ansehen, das thema: quer und quadrat. angelika als exklusive quadrat-fotografin, bei mir fast ausschließlich querformat.

ich habe der versuchung (angelika hatte angeboten, mir ihre zweitkamera zu leihen),  mich in quadratischem format auszuprobieren,  widerstanden.  so ist der direkte vergleich, wenn wir das gleiche sujet fotografieren, viel spannender. auch in der hinsicht, welches format nun besser geeignet, förderlicher für abstrakte sujets ist. am ende ist die frage völlig offen.



miesbach, 18.april 2023

 contardi benedetta. ich habe lange gezögert zu fotografieren auf diesem friedhof in monterosso mare. ein großartiger ort auf einem felsen hoch über dem meer. der friedhof liegt neben einem aufgegebenen kapuzinerkloster. große stille, blick über das türkisfarbene meer.

das grab der benedetta contardi war mir sofort aufgefallen- eine aparte junge frau, die scheinbar alleinstehend gelebt hatte und früh verstorben ist. sie ist keine vedova, man trauert nicht mit affetto um sie, statt der "tuoi cari" heißt es nur lapidar: la famiglia.

ich habe das bild ihrer grabplatte mit den beiden olivenbäumen, die neben dem portal der abteikirche stehen, eingerahmt.



 miesbach, 11.april 2023

zurück aus dem frühen sommer in levanto/ligurien. dort wieder neue bilder, die ersten seit der letzten foto-tour im februar.

in levanto das frühe sommerlicht, smaragdgrünes meer wie auf postkarten. bei den ausflügen nach la spezia und ins hinterland leider wolkenlicht.

ein paar neette bilder, wie ich sie auch zuhause mache, wand- oder fassadenbilder, stillleben. auch andere, wie es sie nur dort zu finden/sehen gibt. die kleine serie mit bögen und arkaden hat sich jedoch erst im nachhinein ergeben. andererseits ist es sicher kein zufall, wenn man daran denkt, welche bedeutung arkaden und schatten in südlichen städten spielen. das zentrum von la spezia etwa ist ganz von mächtigen arkaden durchzogen. in dem kleinen ort varese/lig. im hinterland, das auf halbem weg zum passo di cento croci liegt, besteht das mittelalterliche zentrum ganz aus einem labyrinth aus arkaden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



miesbach, 20.februar 2023

shooting in münchen. termin und location diesmal gut gewählt. am freitag am fjs-flughafen. der flughafenbetrieb war wg. eines streiks von verdi geschlossen, alle flüge wie an einigen anderen flughäfen gecancelt. ideale bedingungen also für eine kleine fototour. hatte mir allerdings mehr versprochen- wenn man nicht nur architektur-fotos oder atmosphärische bilder von menschenleeren flughafen-räumen machen will. am ende dann doch einige gute sujets. vielleicht ist es schon eine deformation professionelle oder einfach gewohnheit, dass  ich keine reinen abstrakten bilder von räumen mehr machen will, sondern sie immer öfter in farbflächen bearbeite und verfremde.

am tag darauf dann wieder in der pinakothek der moderne. dort genau das gegenteil zum flughafen: tolle sujets oder architekturdetails springen dich mit jedem meter regelrecht an.  wohin man auch schaut: großartige perspektiven, fluchten, formenspiele. es ist ja nicht das erste mal, dass ich hier fotografiere, aber das reservoir an interessanten bildern scheint unerschöpflich. allerdings merke ich auch hier, dass mich allein die fotos- strukturen, flächen, formen an sich, immer wenger interessieren. stattdessen vor allem: form und farbe.

 

 



augsburg, 27. januar 2023

seit einigen tagen schnee, eiszeit, der winter krallt sich fest.

keine guten tage für fotos, erst recht nicht in der vorstadt, wo wintertage meist viel grauer sind als in der kleinen stadt am alpenrand.

vor ein paar tagen spät am abend ein bild, von dem ich dachte, es könnte ein gutes foto geben: eine triste tischtennisplatte auf dem verlassenen und tristen spielplatz neben der noch tristeren bus- und tram-endstation an der evangelischen kirche. trotz oder vielleicht in dieser tristesse ein schönes bild, dachte ich: in diesem spärlichen licht, das von der beleuchtung der endstation herüberfiel und mit der hauchdünnen schneedecke hatte die ganze szenerie etwas versöhnliches.

am nächsten vormittag jedoch war jeder charme und jede versöhnlichkeit verflogen, die tischtennisplatte stand da in ihrer ganzen erbärmlichen vorstadttristesse, im hintergrund als kulisse die betonmauer mit den lichtfenstern und den klettergriffen, tausendfach mit hochgradig fantasievollen graffitys, zahlencodes und ebenso fantasievollen parolen: fuck cops- besprayt.

ich hätte die kamera besser zuhause gelassen. schlich dann doch immer wieder um die tischtennisplatte herum, machte eine ganze reihe bilder, aber da war nichts zu machen, das gab nichts her, das war als foto noch um einiges  trister als die reale szenerie. dass ich dann noch details der kritzeleien und der lichtfenster, die ich vor einigen jahren schon mal gemacht hatte, fotografierte, war mehr aus verzweiflung als aus überzeugung.

am nächsten tag, um diese grauen tage nicht ganz tatenlos vorbeigehen zu lassen, ein paar versuche, einige bilder in der bearbeitung zu retten.

mit mehreren schichten übermalung schälten sich doch ein zwei ganz brauchbare fotos heraus. und schließlich auch das bild mit der tischtennisplatte, anders zwar, als ich es am vorabend gesehen hatte, aber doch jetzt nahe an der vorstellung, wie das bild hätte aussehen können.

und damit einmal mehr die erfahrung, dass eine unmittelbare umsetzung einer visuellen erfahrung meistens nicht funktioniert; dass es einer wie auch immer gearteten formalen gestaltung bedarf, um die ursprüngliche erfahrung zu vermitteln.

 

 



miesbach 11.januar 2023

tauwetter, frühling, nicht im osten, wo der krieg weitergeht- aber hier. wo seit ende dezember frühlingshafte temperaturen herrschen.

erste fotoausflüge im neuen jahr. auch eine große ausstellung in augsburg im glaspalast: herlinde koelbl, metamorphosen, werden und vergehen.

koelbl hat vor allem langzeit-studien mit politikern gemacht, spuren der macht. inzwischen ist die große dame der deutschen fotografie 80 jahre alt. und natürlich hat sie auch andere als portrait-fotos gemacht. zuletzt 10 jahre lang naturbetrachtung in allen ländern der welt, deren ergebnis sie in der ausstellung in augsburg zeigt.

sehr gespannt also und neugierig auf ihre sicht der natur, ihre interpretation der vergänglichkeit.

aber bald dann auch enttäuscht, obwohl die bilder schön sind, interessant, manche wirklich beeindruckend, aber vor allem wegen der monumentalen formate: eine hand voll welke tulpen in 2 x 3 m ist schlicht immer umwerfend.

einen großteil der bilder aber fand ich nicht anders und besser als amateur-fotografien in der fotocommunity. das liegt wahrscheinlich am konzept, das allein auf die bildkraft des sujets, die morbide schönheit des verfalls, setzt. die sieht man in vielen, teilweise anmutig schönen bildern in allen variationen, farben und formaten. aber eben nicht mehr.

wir waren einen tag später am friedhof. der nachtfrost hatte die letzten blumen am grab teilweise mumifiziert: die äußeren blätter der rosen waren vergilbt und welk, im kern aber hatten sich ihre leuchtenden farben erhalten. ich habe sie mitgenommen und zuhause im garten ein paar  metamorphosen-bilder gemacht.