" Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er
hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette
von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige
Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und
sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen,
die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen.
Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen
Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht
mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam
in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trüm-
merhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den
Fortschritt nennen, ist dieser Sturm."
Walter Benjamin, Über den Begriff der Geschichte
ich kenne wenig engel, sehr wenige, eigentlich fast keine.
ich erinnere mich, dass in den 80-er und 90-er jahren des letzten jahrhunderts, also in der zeit post-moderne, der post-histoire, der zeit, als man die geschichte an ihrem ende angelangt glaubte,
engel philosophisch wieder stark in mode kamen.
kurz vorher hatte ich einen engel entdeckt, der mir sehr gefiel, der mir ungeheuer einleuchtete. es war walter benjamins "engel der geschichte". nicht so sehr paul klees bild "angelus novus", auf das sich walter benjamin bezieht und das mir auch gefiel, sondern seine vision von diesem engel.
seitdem begleitet mich der engel der geschichte, erscheint er immer wieder am horizont, in meinen ängsten und in meinen bildern.
deshalb soll er hier, am beginn dieses neuen jahres, mitten in dieser von krisen und umbrüchen erschütterten zeit, stehen.
als schutz, not-hilfe, vielleicht trost.
w.marin